Sonntag, 29. Mai 2016

Lange Nächte und lange Gesichter

Als halb eingefleischter Tonganer, mein Körper ist nun an die klimatischen Bedingungen besser angepasst, verstehe ich auch nun die langen tonganischen Gesichter in der viel kühleren Trockenzeit im Pazifik. Gerade weil die Tage trotzdem sehr warm sind geht es einem bei tonganischer Kost dann nach einer kühlen Nacht und hohem Entgiftungspotential, gerade durch die warme Tageszeit, Bescheiden ausgedrückt, miserabel weil einem die Gifte und der Unrat, welchen man die vergangenen Wochen zu sich nahm, nochmal durch den Kopf sausen. Da hilft entweder da durch zu gehen, also sich dieser Krankheit hinzugeben, oder eine Neuerliche Kraft spendende Vergiftung mit Kaffee, Tee oder ähnlichem. Die meisten wählen letzteren Weg weil für ersteren keine Muse da ist. So geht es auch mir zur Zeit obwohl ich mit der Getreidemonokost noch recht gut klarkomme. Ab und wann gibt's mal Papaya und noch seltener Bananen. Die sind auf dieser Insel Grad Mangelware. Zucker gibt's schon seit 6 Wochen nicht mehr auf Vava'u. Es wurde einfach keiner mehr eingeschickt.  Zucker-embargo. Und seit ca. 2 Wochen sind auch die letzten privaten Vorräte auf gebraucht. Wir befinden uns hier also alle auf Zuckerentzug. Viele rennen seit tagen mit Lutscher im Mund durch die Gegend. Und hast du keinen Lutscher machst du ein langes Gesicht. Vor ca. 1 Woche als es mal wieder trocken und sonnig war konnte ich in der Stadt ein Pfund weißen Zucker ergattern. Wenigstens für den Guten Morgen-Kaffee. Ansonsten ist Zucker aus dem Nahrungsmittelplan verschwunden. Ich denke das ist auch besser so. Wenn dann wieder der braune Zucker da ist merkt man dann das erste mal seine Wirkung im Körper.

Am Sonntag, dem 15. Mai war ich in der Stadt beim Vatertags Gottesdienst der Wesleyaner und auch diese Erfahrung habe ich gerne mitgenommen. Aber dennoch berührt mich diese Insel, dieser Felsen mit dem beeindruckenden Wald immer noch so sehr das ich nicht so gern in der Stadt bin. Nachts vor Vatertag konnte ich miterleben wie zivilisierte Stadtmenschen miteinander umgehen wenn zwischen ihnen 50 Jahre Lebenszeit und der Alkohol steht. Es war eben einfach nur noch lächerlich das sich ein über 70 jähriger mit einem jungschen Bengel von 20 Jahren anlegt. Bei mir hatte es doch auch funktioniert diesem die kalte Schulter zu zeigen. Lofi hätte einfach nicht auf dessen Provokationen eingehen brauchen. Ich kam mir vor wie im Kindergarten, abends um 22 Uhr. Wieder so eine Stadterfahrung. ;)
Das hat dann die Radtour mit einem tonganischen Bekannten wieder weg gewischt. Über 30 km mit einem unkomfortabelen Rad durch die Walachey. Genau mein Ding.
Im Garten Avalon wächst und gedeiht es währenddessen. Die Hühners wachsen und Herbert kräht jetzt immer öfter. Auch schon wenn aus dem Wald das krähen der Konkurrenz zu hören ist. Früh übt sich eben. Ich zähle schon zwei bis drei Dutzend Papayafrüchte die nun heran wachsen. Die im letzten August gesetzten Bananen Stauden blühen aber immer noch nicht. Im Juni sollte ich das erste eigene Maniok ernten können. Auch die Süßkartoffel Kumala, ich sollte demnächst erste Testgrabungen nach den Knollen durchführen. Die Kidneybohnen wachsen sehr gut so das ich schon einige sparsame Mahlzeiten davon hatte. Paprika und Felsenmelone (eine Gurkenart) machen nun auch Früchte. Es macht Spaß und erfüllt einen auf so neuem Terrain Gartenerfahrungen zu sammeln. Allerdings essen auch Insekten und deren Raupen mit. Grade zu dieser Zeit wo es kühl und regnerisch ist. Da bin ich jeden morgen am absammeln. Demnächst werde ich mal Knoblauch zu den zucchini setzen. Die haben nämlich bissl Mehltau. Auch eine Brüche aus Knoblauch könnte helfen. Mit einer Sprühflasche, welche hier echt selten zu bekommen ist, würde des auch noch leicht zu applizieren sein. Na mal schauen was dies bringt. Letzte Woche stellte ich nen zweiten Bananen Zirkel fertig. Nun kann es wachsen.

Heute ist der 27. Mai und es regnet von der Nacht in den Tag hinein. Was kann man bei so einem Wetter großartig machen? Hühner sind schon gefüttert. Raupen abgesammelt. Frühstück gab es auch schon. Jetzt abwarten und Tee trinken. Geplant hatte ich für heute ne kleine Wanderung .... ein Schelm der dabei Böses denkt. Ich hab seit 2 Wochen keinen Film mehr gehabt. Mmmh ...
Und heute, zwei Tage nach dem meine Oma Erika von uns gegangen ist,  u d nach der ersten Nacht mit Walgesang der Buckligen, sitze ich seit 3 Stunden an der Küste und sinniere über Vergangenes und Jetziges.

Das macht Sinn.
Euer Nico. ;)

Freitag, 13. Mai 2016

Zwischen Mutter und Vater

Die Kunst des Menschen. Standhaft auf dem Grunde stehend zwischen Bäumen oder frei wie ein Vogel schwebend zum Himmel hinan. Wir entscheiden dies mit jedem unserer Gebahren. Ob es die Ernährung ist oder wie wir unseren Körper formen durch dessen spezifische Bewegung. Eine rechte Balance zwischen diesen Verhaltensweisen sichert uns die richtige Wahl im rechten Moment. So hab ich mich die letzten drei Monate hauptsächlich mehr Erd- also Mutter orientiert genährt und bewegt. Starke Beine und Stehvermögen also Widerstandskraft gegen die hier höhere Gravitation sind das Ergebnis und bis ich meinen Blick wieder mehr gen Himmel richte wird noch ein bißchen ins Land gehen. Durch meine Erdung habe ich viele Freunde oder Bekanntschaften schließen können und dieser Strom mag einfach nicht abreißen solange ich meine Wurzeln fest im Erdreich verankert habe. Eines Tages aber wird der Phönix auch wieder mit den Flügeln schlagen um seine Beine etwas zu entlasten.
Morgen ist Muttertag und ich gehe das erste mal in den Sonntagsgottesdienst der Kirche des Priesters Vaha. Es ist die Constitution Church. In einer Woche am 15. Mai ist im Tonga Vatertag und ich gehe zusammen mit Lofi in seine Kirche. Die Kirche der Wesleyaner. Die Kirche der Methodisten in der Stadt. Dort spielen sie Musik und singen, was sehr an Gospel erinnert. So wie bei Michael Jackson Song 'Will You be there'. Ich freue mich, seine Familie wiederzusehen. Seine Frau, britischer Abstammung mag mich sehr. Er erzählte es mir als ich ihn gestern am Stadthafen traf um ihm zu sagen das wir uns zum nächsten Wochenende treffen. Er freute mich sehr mich wieder zu sehen. Er lachte viel und sah auch besser aus als wie vor zwei Wochen. Ich bin gespannt was mich auf meinen neuen Wegen noch so begleiten wird. Bekanntlich ist ja immer alles offen und spontane Entscheidungen können wirklich Freude bringen.

Nach gut durch geschlafener Nacht war morgens warten angesagt. 2 Stunden wartete ich auf meinen Sonntagskaffee. Am Wochenende trink ich also immer noch Das schwarze Gift. Danach schwindet augenblicklich jede Entgiftungserscheinung die aus der Nacht mitgebracht wurde. Auf Avalon hätte ich schon eine Stunde viel bewegt. Kaffee wird da nebensächlich. Meisstens zum Mittag gibt's dann was zwischen die Zähne , manchmal schon früher.
Aber der Gottesdienst war sehr Erfahrungs reich. Sind mir doch wieder einige Erkenntnisse durch den Kopf geschossen. Zum lunch sah es aus als wolle mich die gute Dame des Priesters mästen. Ich dankte ab. Diese Menge reicht die ganze Woche glaub ich. Da darf ich wieder fasten. Auch nicht schlecht. Also nach meinen Maßstäben hätte ich von der Menge Yams drei Tage essen können. Nach dem essen schau ich dann immer an mir herunter aber mir fällt die Fülle nur innerlich auf. Ich muss aufpassen. Nun noch Bissl ruhen und dann geht's ans Marschieren mit einem Zweihundert Liter Fass auf dem Rücken. Leer natürlich. Zurück zu Avalon.

Die darauf folgende Woche gestaltet sich recht ruhig. Es ist Ruhe im Wald. Häufig so nach einem Sturm. Ich mache einige Sachen im Garten fertig. Der neue Bananen Zirkel wartet nun auf seine Bepflanzung. Darauf muss er aber noch bis nach dem Vatertag warten. Denn den verbringe ich in der Stadt bei Freunden.

Euer Nico

Freitag, 6. Mai 2016

Noch nicht ausgetretene Pfade

Da ist es schon wieder Dienstag morgen der 27.04. Der gestrige Tag ist gut gelaufen auch wenn die Gedanken Maschine oft dazwischenfunkte, so gelang es mir doch zu vertrauen und in meiner Mitte zu sein und zu bleiben und darum trug es sich an diesem Tag wie folgt zu:
Um 6 Uhr stand ich auf. Eine halbe Stunde später saß ich mit Lofi in der Küche. Um 7 Uhr gingen wir beide in den China Store. Er zeigte mir die Tavalas. Eine traditionelle Schürze. Ich brauchte Kleingeld und tauschte meinen letzten 50 er um und konnte so Lofi etwas geben für seine Gastfreundschaft. Er freute sich sehr. Um 8 Uhr verabschiedete ich mich von ihm und hing Richtung Sonne und dann um halb neun weiter zum Haus des Goveneur. Und als er um 9 Uhr erschien, noch mit etwas aufgequollenen Augen, musste ich gleich lächeln. Dieser Mann bringt mich jedes mal zum Lächeln. Einfach eine umwerfende Ausstrahlung. Wir redeten ganz kurz und dann ging er sich umziehen. Er kam ja Grad aus der Nachtruhe. ;) wenig später saßen er, seine Frau und ich in der Veranda und es fand so lang von mir ersehntes Gespräch statt. Susserdem nahm sie mir meine Dokumente ab. Ihre Hilfe war mir also noch sicher. Versprochen ist versprochen. Nachdem wir uns über die Visa Angelegenheiten ausreden konnten waren noch einige andere wichtige Themen an der Tagesordnung. Er frug mich ob ich noch was benötige und um 10 Uhr war der ganze Spuk vorbei und sein kleiner Bruder fuhr mich zum Hafen, vorher nich zum Talau, meinen Koffer mit Haufen Zeugs drin holen.
Am Hafen saß ich dann. Keksfrühstück und dann warten auf das was kommt. Und es kam kein Boot von Hunga Island, aber Boris von Fofoa zusammen mit Werner dem alten Haueisen. ;) um 13 uhr saß ich im coconetkaffee zusammen mit Walt. Sein Notebook wurde von ihm zerstört. Und nun brauchte er ein neues. Das Geld aus dem Erlös wird mich über die nächsten Wochen bringen.
Mit einem nun leichteren Koffer ging es mit Boris Richtung Fofoa. Da aber gerade Ebbe war konnte er nicht In die Lagune hinein und schmiss mich am Strand bei Walt und dem Südafrikaner raus und ich steppte dann mit schweren Gepäck durchs Wasser und dann durch den Wald bis zum Dorf um für kommende Nacht beim Priester einzukehren. Ich hatte doch noch was für ihn und seine Frau im Gepäck.

Heute ist Donnerstag der 05.05. Eigentlich dachte ich es wäre hier auch Christi Himmelfahrt. Das gibt's im Tonga erst nach dem Muttertag. Diese Woche tobte hoffentlich der letzte Zyklon im Südpazifik. Ich zähle für diese Regenzeit 7 solcher klimatischen Ereignisse. 3 davon teilt gehörig aus. Die anderen brachten ordentlich Wind und jede Menge Regen und Spaß beim zuschauen wie schnell danach alles wächst. Es wird kühler und die sonne senkt ihr Haupt immer mehr. Das heißt wenn es weite so regnet bleibt es im Wald immer sehr lang feucht. Gutes Kompostwetter. Die Kürbispflanzen auf avalon haben die Pferdepoo-Behandlung gut angenommen und sehen sehr kräftig aus. Zusammen mit Vaha heute Abend die neuen Solar Lampen im Dorf inspiziert und dann noch paar schwere Kühlboxen transportiert zu seinem neuen Haus. Nun hat das Dorf mehr Licht an den Straßen wenn Duster ist. ;)
Die Hühner sind seit 1 Woche im Gatter damit sie sich gewöhnen. Ihre alten Gepflogenheiten ablegen können. Sie denken wohl ich will sie immer noch essen. Irgendwie muss ich ihnen klar machen das sie nur Freunde sind. Frei zu tun was Hühner eben so machen. Neulich entdeckte ich im Wald zwei ausgewachsene Schweine. Unmöglich die einzufangen. Und die 6 kleinen Bsbyschweine neulich aufs Marks Maniok Feld waren einfach zu flink sonst hätte ich eines davon im mehlsack mit nach Avalon genommen.
Morgen schnell in die Stadt. Es stehen wieder kleine Besorgungen an.

https://youtu.be/XY41troEXNg